So geschehen bei einem Straßenfest:

Besucherin: „Darf ich Sie mal was fragen? Vielleicht ist meine Frage ungewöhnlich. Aber ich stelle sie doch mal. Sie sind ja vom ‚Fach‘.

Ich: „Klar, nur raus damit.“

Besucherin: „Ich arbeite als Architektin und wir renovieren gerade ein Haus am Straßenstrich. Also da stehen Prostituierte und warten auf ihre Kunden. Es sind immer die gleichen. Und die stehen manches Mal lange da und warten, bis dass sie in ein Auto steigen. Dann müssen es ja Prostituierte sein.“

Ich: „Ja, davon würde ich auch ausgehen.“

Besucherin: „Ja und ich, auch meine Kolleg*innen, machen sich Sorgen. Sie stehen bei Wind und Wetter. Und oft auch mehrere Stunden. Ob sie wohl dazu gezwungen werden? Man hört und liest ja so vieles: sicher steht ein Zuhälter hinter ihnen und zwingt sie. Das können sie doch nicht freiwillig machen!“

Ich: „Haben sie schon mal mit den Frauen gesprochen? Warum unterstellen Sie ihnen, dass sie den Job nicht freiwillig machen? Nur weil es für Sie persönlich nicht vorstellbar ist? Ich kann mir auch nicht vorstellen, als Architektin zu arbeiten. Sprechen Sie doch mal mit den Frauen. Lernen Sie sie kennen.“

Besucherin: „Geht das? Wie soll ich das machen?“

Ich: „Sie könnten doch einfach mal damit anfangen, dass Sie den Sexarbeiterinnen freundlich zunicken, wenn Sie in das Haus gehen. Sicher nicken die dann zurück. Dann könnten Sie als nächstes ‚Guten Tag‘ sagen und mal abwarten, wie die Sexarbeiterinnen reagieren. Und später könnten Sie dann vielleicht sagen: ‚Puh, was ist das heute heiß. Ich kann die Hitze kaum ertragen.‘ Die eine Sexarbeiterin wird darauf ebenso reagieren und die andere nicht.
Aber so würden Sie doch auch mit einer neuen Nachbarin oder mit dem Kioskbesitzer an der Ecke umgehen. Ganz normal!“

Besucherin: „Ja, ganz normal!“